Gegenwartskultur, von Jessica Wilhelm, 19.12.11

„ … dann steht das Christkind vor der Tür“

Wie uns Adventskranz und Adventskalender dabei helfen die Zeit bis Weihnachten zu überbrücken

Das Rathaus Hünfeld in der Adventszeit als 'Kalender' hergerichtet. (Foto: Hesse 1309, Wiki Commons)

Der erste Advent steht vor der Tür und ein festlich geschmücktes Zuhause soll die Menschen auf Weihnachten einstimmen. Neben einer endlosen Bandbreite an weihnachtlicher Dekoration, sind zwei Dinge heute nicht mehr aus den Wohnzimmern wegzudenken: Adventskranz und Adventskalender. Doch woher kommen diese beiden Traditionen, die schon vielen Generationen die Wartezeit erträglicher gemacht haben? Und wie haben sie sich im Laufe der Zeit verändert?

Sowohl Kranz als auch Kalender sind im christlichen Brauchtum verankert und noch sehr jung. Erst im 19. Jahrhundert wurden sie – auf zwei völlig verschiedene Weisen – eingeführt.

Der Adventskranz diente ursprünglich dem gleichen Zweck wie heute der Adventskalender: Er richtete sich vor allem an die Kinder, sollte ihnen die unendlich lang erscheinende Zeit bis zum Fest verkürzen.

Der erste seiner Art stand im Hamburger „Rauhe Haus“, wo der evangelisch-lutherische Theologe und Erzieher Johann Hinrich Wichern in Armut lebende Kinder aufnahm und betreute. Ihre vorweihnachtliche Ungeduld brachte Wichern auf die Idee, einen großen Holzkranz mit 20 kleinen roten und 4 großen weißen Kerzen zu bestücken. Jeden Tag der Adventszeit wurde eine weitere Kerze angezündet, sodass die Kinder die Tage bis Weihnachten abzählen konnten. Aus dieser sehr schlichten Ausführung hat sich der Adventskranz, wie wir ihn heute kennen, herausgebildet.

Heute brennen zum Schluss nur noch vier Kerzen auf dem Kranz. Auch das hat seinen Grund. Wicherns Idee verbreitete sich und viele Menschen wollten sich einen Adventskranz in die gute Stube holen. Dort reichte der Platz jedoch selten für ein riesiges Wagenrad mit 24 Kerzen und so schrumpfte der Kranz und auch die Anzahl der Kerzen.

Vielleicht ist mit der Verkleinerung des Kranzes auch die Geburt des Adventskalenders zu erklären. Gut möglich, dass vier Kerzen einfach nicht mehr reichten, um der kindlichen Ungeduld Herr zu werden. Seit dem Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert findet sich der Brauch, der den Kleinen dabei hilft die Zeit bis Heiligabend besser abschätzen zu können.

Angefangen hat es mit 24 Bildern und/oder Kreidestrichen, die man nach und nach aufhing bzw. wegwischte. Aber auch Kerzen mit 24 Markierungen, Kalender mit Bildern zum abreißen und Kalender mit Naschwerk waren sehr beliebt. Bekannt ist auch eine Tradition, bei der die Kinder jeden Adventssonntag eine Kleinigkeit neben ihrem Bett fanden. Meist kleine Teile einer Figur, die bis zum 4. Advent vervollständigt wurde. Oft war es auch Christbaumschmuck der zunächst angesammelt werden und zum eigentlichen Fest dann seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt werden konnte.

Darauf folgten bald die ersten käuflichen Kalender, die Vorläufer der Kalender wie wir sie heute kennen. Sie waren handgefertigt und bestanden aus 24 ausgestanzten Fenstern, hinter denen sich kleine Bildchen befanden. Im Jahr 1908 produzierte man  dann die ersten Weihnachtskalender, wie man sie damals nannte, in Fabriken. Was damals noch schlicht und einfach war, zeigt sich heute in den verschiedensten Variationen, Größen und Farben. Dennoch liegen vor allem selbst gebastelte Adventskalender wieder voll im Trend. Ob groß oder klein, originell und individuell ist diese Art von Kalender allemal und auch der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.

Anhand beider Geschichten und der Zeit die bis heute vergangen ist, wird eines jedoch ganz schnell ersichtlich: Während der Kranz seinen traditionellen Wurzeln treu bleibt, unterliegt der Kalender mit der Zeit einem ständigen Wandel. Doch egal für welche Art von Kalender man sich dann letztendlich entscheidet, oder ob vielleicht allein der Adventskranz reicht, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sollen uns dabei helfen, auf das Christkind zu warten.

 

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